Jakoby Rechtsanwälte
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Rechtsschutz im Unterschwellenbereich

Inzwischen gibt es in einigen Bundesländern auch für Vergaben im Unterschwellenbereich vergaberechtlichen Primärrechtsschutz, und zwar in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Allerdings müssen dazu bestimmte Wertgrenzen erreicht werden und der Anwendungsbereich der betreffenden Landesregelung muss eröffnet sein. Zu beachten sind ggf. insbesondere die abweichend zu § 134 GWB geregelten Informations- und Wartefristen. Nachfolgend kurz zu den unterschiedlichen Wertgrenzen und Fristen und einigen Verfahrensbesonderheiten. Bei weitergehenden Fragen zum Rechtsschutz im Unterschwellenbereich sprechen Sie uns gerne an.

Vergaberechtlicher Primärrechtsschutz in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt beträgt die Wertgrenze für Nachprüfungsverfahren betreffend Bauvergaben EUR 120.000 (netto) und betreffend Vergaben von Leistungen und Lieferungen EUR 40.000 (netto). Die Regelungen zum Nachprüfungsverfahren sind denen des Oberschwellenbereich weitgehend nachgebildet.  So gelten u.a. entsprechende Rügepflichten. Zu beachten ist insbesondere, dass die Informations- und Wartefrist abweichend von § 134 GWB geregelt ist. Sie beträgt für Nachprüfungen im Unterschwellenbereich sieben Werktage.

Vergaberechtlicher Primärrechtsschutz in Sachsen

In Sachsen beträgt die Wertgrenze EUR 75.000 (netto) für Bauvergaben und EUR 50.000 (netto) für Vergaben von Leistungen und Lieferungen. Die Wartefrist beträgt zehn Kalendertage, allerdings muss der Bieter innerhalb dieser Frist den Verstoß lediglich gegenüber dem Auftraggeber rügen. Hilft der Auftraggeber der Rüge nicht ab, insormiert er direkt die Nachprüfungsbehörde. Den Zuschlag darf der Auftraggeber dann nur erteilen, wenn die Nachprüfungsbehörde das Verfahren nicht binnen einer Frist von zehn Kalendertagen nach ihrer Unterrichtung unter Angabe von Gründen beanstandet.

Vergaberechtlicher Primärrechtsschutz in Thüringen

In Thüringen liegt die Wertgrenze für Rechtsschutz im Unterschwellenbereich bei EUR 150.000 (netto) für Bauvergaben und EUR 50.000 (netto) für Vergaben von Leistungen und Lieferungen. Das Verfahren ist auch hier vereinfach. Die Informations- und Wartefrist beträgt zwar nur sieben Kalendertage. Binnen dieser Frist muss der unterlegene Bieter einen Verstoß allerdings nur gegenüber dem Auftraggeber rügen. Hilft der Auftraggeber der Rüge nicht ab, informiert er selbst die Nachprüfungsbehörde. Sodann darf Auftraggeber den Zuschlag nur erteilen, wenn die Nachprüfungsbehörde das Verfahren nicht binnen einer Frist von zwei Wochen – bei begründeter Verlängerung drei Wochen – beanstandet.

Vergaberechtlicher Primärrechtsschutz in Rheinland-Pfalz

Auch Rheinland-Pfalz hat einen vergaberechtlichen Primärrechtsschutz für den Unterschwellenbereich eingeführt. Die Wertgrenze beträgt einheitlich EUR 75.000 (netto). Der Rechtsschutz ist dem oberhalb der Schwellenwerte nachgebildet. Zu beachten ist allerdings insbesondere die kurze Informations- und Wartefrist von sieben Kalendertagen. Allrdings muss der Bieter auch in Rheinland-Pfalz nur gegenüber dem Auftraggeber fristgemäß rügen. Dieser legt dann bei Nichtabhilfe die Rüge der für die Nachprüfung zuständigen Vergabeprüfstelle zur Entscheidung vor, sofern der Bieter oder Bewerber nicht auf die Nachprüfung verzichtet hat.

 

Direktvergabe nach freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung

Das OLG Celle hatte im Verfahren 13 Verg 9/21 den Fall einer Direktvergabe nach freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung zu entscheiden. Auftragsgegenstand waren ein Fahrradverleihsystem und Werbeleistungen. Der Auftraggeber stützte die Direktvergabe nach freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung auf den Ausnahmetatbestand nach § 14 IV Nr. 2 b) VgV. Er vertrat die Auffassung, die Leistungen könnten wegen nicht vorhandenen Wettbewerbs aus technischen Gründen nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt werden.

Nach erfolgter Direktvergabe hatte ein am Auftrag interessiertes Unternehmen über Medienberichte von der Vergabe erfahren und sie als unzulässige De-facto-Vergabe gerügt und Nachprüfungantrag gestellt.

Unwirksame De-facto-Vergabe

Mit Erfolg! Das OLG stellte klar: Die freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung verhindert nur dann die Unwirksamkeit einer Direktvergabe, wenn alle Voraussetzungen des § 135 Abs. 3 GWB  vorliegen bzw. diese Auffassung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht zumindest vertretbar ist. Anderenfalls liegt trotz freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung eine unwirksame De-facto-Vergabe vor. Dabei trifft den Auftraggeber die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des für ihn positiven Ausnahmetatbestands und den entsprechenden Abwägungsvorgang.

Das OLG Celle sah im entschiedenen Fall § 135 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 GWB als nicht erfüllt an. Gemäß 135 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 GWB muss der öffentliche Auftraggeber der Ansicht sein, dass die Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union zulässig ist. Dabei müsse, so das OLG Celle a.a.O., der Auftraggeber  bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Direktvergabe tatsächlich erfüllt seien, sorgfältig gehandelt haben. Dies könne in der Regel nur dann festgestellt werden, wenn entsprechende nach außen erkennbare Tatsachen vorlägen.

Dies verneinte das OLG Celle im entschiedenen Fall. Es erachtete die entsprechende Auffassung des Auftraggebers als nicht vertretbar. Der Standpunkt sei auch nicht nachvollziehbar begründet worden. Der Auftraggeber sei seiner Pflicht zur Dokumentation gem. § 8 VgV insoweit nicht nachgekommen. Der Auftraggeber müsse eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage durchführen und danach in vertretbarer Weise zu der Ansicht gelangen, dass eine Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung zulässig sei. Dieser Vorgang müsse nachvollziehbar in der Vergabeakte dokumentiert sein, was das OLG im entschiedenen Fall verneinte.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass allein die freiwillige Ex-Ante-Transparenzbekanntmachung das Damoklesschwert der Unwirksamkeit des Vertrags nicht beseitigt. Vielmehr muss die Auffassung des Auftraggebers, dass die Direktvergabe ausnahmsweise zulässig ist, nicht nur sachlich und rechtlich vertretbar, sondern  in der Dokumentation auch nachvollziehbar begründet sein. Öffentliche Auftraggeber müssen also nicht nur sorgfältig prüfen und abwägen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt, der eine Direktvergabe rechtfertigt. Sie müssen den Prüf- und Abwägungsvorgang auch sorgfältig in der Vergabeakte dokumentieren. Bei Bedarf sprechen Sie uns hierzu gerne an.

ICLG – Law and Regulations Germany – 2023

We are pleased to announce that Dr. Jakoby has published a publication on German Real Estate Law in the current issue of ICLG 2023. The publication covers an overview about German Real Estate Law and practical aspects to commercial terms of leasing, investment, development and financing. The entire publication here

Neuer Vergabemindestlohn in Berlin

Vergabemindestlohn in Berlin auf EUR 13,00 brutto erhöht

Seit dem 18.12.2022 gilt für öffentliche Auftraggeber ein neuer Vergabemindestlohn in Berlin. Mit der jüngsten Änderung des Berliner Vergabegesetzes – dem BerlAVG – wurde das Vergabemindeststundenentgelt (auch “Vergabemindestlohn”) von zuletzt 12,50 Euro auf 13,00 Euro brutto angehoben. Damit wurde der Vergabemindestlohn in Berlin in der Höhe an den aktuellen Berliner Landesmindestlohn angeglichen.

 

Transparenzregister: Mitteilungspflichten von Unternehmen – Ablauf von Übergangsfristen

Durch Inkrafttreten des Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG) am 01. August 2021 ist das Transparenzregister, das dem Bundesverwaltungsamt unterstellt ist und bereits seit dem Jahr 2017 als eine Art Auffangregister existiert, durch den Wegfall der sogenannten „Mitteilungsfiktion“ zum Vollregister geworden.

Im elektronischen Transparenzregister sind die Eigentümerstrukturen, d.h. die wirtschaftlich Berechtigten bestimmter Vereinigungen verzeichnet. Weitere Informationen zum Transparenzregister sind auf der offiziellen Internetseite des Transparenzregisters zu finden.

Die Neuregelungen im GwG haben vor allem für Unternehmen sehr praxisrelevante Auswirkungen, da diese nun verschiedene Prüf- und Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister erfüllen müssen. Hierfür hat der Gesetzgeber aber – zumindest teilweise – Übergangsfristen vorgesehen, die allerdings im spätesten Fall mit Ablauf des 31. Dezember 2022 enden.

Es empfiehlt sich daher für alle Unternehmen, zu prüfen und zu verifizieren, ob sie betreffend konkreter Handlungsbedarf besteht, da bei Zuwiderhandlungen empfindliche Sanktionen (dazu nachfolgend) drohen können.

Vor diesem Hintergrund sollen nachfolgend die praxisrelevanten Gesetzesänderungen kurz zusammengefasst werden, um einen allgemeinen Überblick über die Handlungspflichten zu erhalten.

1. Wegfall der sogenannten Mitteilungsfiktion

Neue Pflicht zur Mitteilung des/der „wirtschaftlich Berechtigte(n)“

 

a. Prüfung und Mitteilung

Der Gesetzgeber hat die bis zum 31. Juli 2021 geltende sogenannte „Mitteilungsfiktion“ abgeschafft (§ 20 Abs. 2 GwG a.F.). Danach waren Vereinigungen, bei denen sich Daten zu deren wirtschaftlich Berechtigten aus einem anderen Register (wie etwa dem Handelsregister) ergaben, nicht zu einer gesonderten Mitteilung an das Transparenzregister verpflichtet. Hiervon haben bisher beispielsweise viele GmbHs profitiert, bei denen sich die Daten zu deren wirtschaftlich Berechtigten aus dem elektronisch abrufbaren Handelsregister, insbesondere einer dort hinterlegten Gesellschafterliste ergaben.

Mit der Gesetzesänderung wurde diese Fiktion nun vollumfänglich gestrichen. Dadurch sind jetzt im Grundsatz alle Vereinigungen im Sinne von § 20 GwG (d.h. alle juristischen Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften wie bspw. die Kommanditgesellschaft oder die Offenen Handelsgesellschaft) sowie bestimmte weitere Rechtsgestaltungen von Vereinigungen im Sinne von § 21 GwG (wie etwa Trusts) verpflichtet, ihre wirtschaftlich Berechtigten korrekt zu ermitteln und ohne gesonderte Aufforderung dem Transparenzregister zur Eintragung mitzuteilen.

Der oder die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten – dies können nur natürliche Personen sein – sind für den gesamten Zeitraum seit dem 01. Oktober 2017 lückenlos unter Angabe ihrer vollständigen Daten mitzuteilen. Hierzu zählen deren Namen, Geburtsdaten, Wohnorte und alle (!) Staatsangehörigkeiten. Zusätzlich sind Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses anzugeben.

 

b. Ausnahmen für bestimmte Vereinigungen

Besonderheiten gelten vor allem sowohl für die Außen-GbR als auch den rechtsfähigen Verein.

Für die Außen-GbR als derzeit (noch) nicht eingetragene Personengesellschaft besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine Mitteilungspflicht zum Transparenzregister. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird zum 01. Januar 2024 allerdings ein neues GbR-Gesellschaftsregister eingeführt, wodurch die GbR erstmals, im Falle ihrer Eintragung, zu einer eingetragenen Personengesellschaft wird.

Beim rechtsfähigen Verein müssen zwar auch wie bei anderen Juristischen Personen des Privatrechts wirtschaftlich Berechtigte im Transparenzregister eingetragen werden. Jedoch greift hier (zumindest in bestimmten Fällen) eine Erleichterung in Form einer sogenannten Meldefiktion (§ 20a GwG). Ohne dass es einer gesonderten Mitteilung bedarf, übernimmt das Transparenzregister spätestens ab dem 01. Januar 2023 die Eintragungen aus dem Vereinsregister und führt dies danach anlassbezogen weiter. Als wirtschaftlich Berechtigte des Vereins werden die Mitglieder des Vorstands eingetragen. Doch auch hier gibt es Konstellationen, in denen der Verein trotz der grundsätzlichen Erleichterung zu selbständigen Mitteilungen an das Transparenzregister verpflichtet bleibt. Dies ist wiederum in jedem Einzelfall zu prüfen.

 

c. Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten

Wirtschaftlich Berechtigte sind nach den Regelungen in § 3 Abs. 2 GwG für Juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften im Grundsatz alle natürlichen Personen, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile halten, mehr als 25 % der Stimmrechte kontrollieren oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben.

Wer jedoch als wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des GwG gilt, ist konkret auf den Einzelfall bezogen zu ermitteln. Denn bei einigen Konstellationen (wie etwa bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen oder Treuhandvereinbarungen) sind Besonderheiten zu beachten und die Prüfung kann sehr komplex sein.

Bei rechtsfähigen Stiftungen und anderen Rechtsgestaltungen, bei denen treuhänderisch Vermögen verwaltet wird, gelten wiederum abweichende Grundsätze (§ 3 Abs. 3 GwG).

Beispiel: bei einer GmbH mit zwei Gesellschaftern (natürliche Personen) sind im „Normalfall“ diese beiden natürlichen Personen als Gesellschafter je zu 50% auf Basis ihrer Anteile an der Gesellschaft wirtschaftlich Berechtigte der GmbH. Etwas anderes kann sich aber etwa dann ergeben, wenn beispielsweise einer der Gesellschafter einen Treuhandvertrag geschlossen hat oder aber eine Stimmrechtsvereinbarung geschlossen wurde.

Sofern nach den Grundsätzen des GwG kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden kann, ist dem Transparenzregister der sogenannte „fiktive wirtschaftlich Berechtigte“ (§ 3 Abs. 2 Satz 5 GwG) mitzuteilen. Dies können je nach Konstellation der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner des Vertragspartners sein.

 

2. Verschiedene Übergangsfristen zur Mitteilung

Der Gesetzgeber hat für die Mitteilung verschiedene Übergangsfristen im Gesetz festgelegt, bis zu deren Ablauf eine Meldung an das Transparenzregister erfolgt sein muss.

Wichtig zu beachten ist hierbei aber, dass diese Übergangsfristen nur für solche Gesellschaften gelten, die bis zum 31.07.2021 von der früheren gesetzlichen Mitteilungsfiktion profitiert haben.

Folgende Übergangsfristen gelten danach:

->für die Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, SE: 31. März 2022;

->für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Genossenschaft, Europäische Genossenschaft, Partnerschaft: 30. Juni 2022;

->für alle anderen Fälle: bis einschließlich zum 31. Dezember 2022.

 

3. Laufende Aktualisierung und mögliche Folgen bei Verstößen

Unternehmen sind daneben verpflichtet, etwaige Änderungen der Personen der wirtschaftlich Berechtigten oder aber auch nur ihrer Daten zu prüfen und dem Transparenzregister zur Meldung mitzuteilen.

Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Mitteilungspflichten müssen Gesellschaften mit Sanktionen rechnen. Verstöße gegen die Transparenzpflichten können gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 54 ff. GwG Ordnungswidrigkeiten darstellen und mit teilweise empfindlichen Bußgeldern vom Bundesverwaltungsamt geahndet werden.

Dr. Jakoby gehört nach Best Lawyers (14. Edition für 2023) zu den besten Rechtsanwälten in zwei Kategorien

Wir freuen uns mitteilen zu können, dass Dr. Jakoby in dem vom Handelsblatt veröffentlichten Ranking gemeinsam mit dessen renommiertem Kooperationspartner Best Lawyers in der 14. Edition (2023) für zwei Rechtsgebiete zu den besten Rechtsanwälten in Deutschland gezählt wird: Real Estate Law (Immobilienrecht) und Construction law (Baurecht). Dr. Jakoby wird insoweit seit dem Jahr 2012 als zu den besten Rechtsanwälten gehörend benannt.

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Wettbewerbsregister – Abfragepflicht für öffentliche Auftraggeber

Ab 01.06.2022 besteht für öffentliche Auftraggeber sowie Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber in Vergabeverfahren ab bestimmten Auftragswerten die Pflicht zur Abfrage des Wettbewerbsregisters. Über das das beim Bundeskartellamt eingerichtete bundesweite Wettbewerbsregister ist es öffentlichen Auftraggebern möglich, Informationen über Bewerber elektronisch abzufragen. Für die Abfrage des Wettbewerbsregisters müssen sich die öffentlichen Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber zuvor beim Bundeskartellamt registrieren lassen. Sofern noch nicht erfolgt, empfehlen wir Auftraggebern und Konzessionsgebern, sich umgehend zu registrieren.

BauGB 2021 – Baulandmobilisierungsgesetz

Der Deutsche Bundestag wird am 07. Mai 2021 das Baulandmobilisierungsgesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs verabschieden. Gerade für Projekte in Berlin und Brandenburg ist dies relevant.

Die Änderungen im Baugesetzbuch waren und sind zum Teil sehr umstritten, insbesondere das im Entwurf vorgesehene „Umwandlungsverbot“ zur Aufteilung in Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz sorgte für viel Widerspruch. Die Koalition hat sich schließlich am Mittwoch dieser Woche auf einen Kompromiss geeinigt, in dem insbesondere das bislang im Entwurf vorgesehene Umwandlungsverbot geringfügig eingeschränkt wurde.

Für Projektträger und Investoren in Berlin und in den Städten in Brandenburg bringt das Baulandmobilisierungsgesetz entscheidende Änderungen im BauGB. Ziel des Gesetzes, das auf einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung beruht, ist die Mobilisierung von Bauland. Vornehmlich in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt soll durch verschiedene gesetzliche Neuregelungen mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen. Hierzu werden vor allem die Handlungsmöglichkeiten der Städte und Gemeinden erweitert, während Grundstückseigentümer und Investoren in Zukunft stärkeren Einschränkungen unterliegen werden. Immerhin: Die Erteilung von Baugenehmigungen wird vereinfacht.

Zusammengefasst bringt das Baulandmobilisierungsgesetz die folgenden wichtigen Änderungen:

1. schnelleres Bauen durch vereinfachte Erteilung von Baugenehmigungen

Das neue Gesetz sieht an verschiedene Stellen die vereinfachte Erteilung von Baugenehmigungen vor. So wird es Bauherren in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten zunächst befristet bis 2024 vereinfacht, eine Baugenehmigung zu erhalten, indem hier auf ansonsten strenge Anforderungen für deren Erteilung abgewichen wird.

2. Baugebot zwingt Grundstückseigentümer zum Bauen

In Zukunft können Eigentümer von Grundstücken in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wie in Berlin durch die Gemeinde Stadt dazu verpflichtet werden, ihre Grundstücke zu bebauen. Innerhalb einer bestimmten Frist muss der Grundstückseigentümer dann eines oder mehrere Wohngebäude auf seinem Grundstück errichten. Die Neuregelung sieht aber auch vor, dass sich ein Grundstückseigentümer in bestimmten Fällen gegen die Aufforderung zum Bau wehren kann, wenn er das Grundstück etwa für einen Familienangehörigen freihalten möchte.

3. das Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt

Durch das neue Gesetz wird erstmals der Begriff des „angespannten Wohnungsmarktes“ in das Baugesetzbuch aufgenommen. Das Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt, das heißt eine Lage, in der die Versorgung einer Gemeinde mit Mietwohnungen gefährdet ist, ist nun direkt mit verschiedenen Handlungsmöglichkeiten der Gemeinde gesetzlich verankert.

4.erschwerte Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen

Darüber hinaus wird es vielen Investoren und Eigentümern zukünftig erschwert, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt muss vor der Umwandlung zunächst eine Genehmigung eingeholt werden. Diese Regelung gilt zunächst befristet bis zum 31.12.2025. Ausnahmen sind nur für eng begrenzte Fälle vorgesehen, etwa wenn das Wohneigentum an bisherige Mieter veräußert wird.

5. erleichterter Zugriff auf Grundstücke durch Vorkaufsrechte der Kommunen

Durch eine Änderung im Baugesetzbuch werden die Möglichkeiten der Gemeinden erweitert, vor privaten Investoren auf Bauland zuzugreifen, indem sie in Zukunft leichter als bisher ein sog. Vorkaufsrecht ausüben können. Eine Gemeinde ist nach der Gesetzesänderung etwa berechtigt, vorrangig ein unbebautes Grundstück zu erwerben, wenn sie sich darauf beruft, hierdurch den Wohnbedarf der Gemeinde zu decken. Hierdurch steht ihr dann die Möglichkeit offen, das erworbene Grundstück selbst mit günstigen Mietwohnungen zu bebauen.

6.Sicherung von Flächen für soziale Wohnraumförderung

Den Gemeinden wird befristet bis 31.12.2024 die Möglichkeit eingeräumt, bereits bei der Planung in Bebauungsplänen bestimmte Flächen verbindlich festzulegen, auf denen später Gebäude mit Wohnungen zu geringen Mietpreisen entstehen werden. Erstmalig erhält eine Gemeinde damit direkt ein Instrument, um auch private Vorhabenträger zum Bau von sozialem Wohnungsraum bestimmen zu können.

 

 

Auch Bieterfragen können Rügen sein (Vergabekammer Bund, Beschl. vom 28.05.2020 – VK 1-34/20)

Vorsicht bei als Bieterfragen getarnten Rügen! Auch Bieterfragen können Rügen sein, wenn inhaltlich ein Vergaberechtsverstoß gerügt und Abhilfe begehrt wird.

Der VK Bund lag folgender Fall zur Entscheidung vor: Ein Bieter rügte nach Mitteilung gem. § 134 GWB erfolglos, dass sein Angebot nicht das wirtschaftlichste sei und der Zuschlag an ein anderes Unternehmen erteilt werde. Die Vergabekammer wies seinen dagegen gerichteten Nachprüfungsantrag wegen Unzulässigkeit gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB zurück. Der Bieter hatte die im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Verstöße nach Auffassung der Vergabekammer nämlich bereits in einem früheren Stadium des Vergabeverfahrens gegenüber der Vergabestelle gerügt. Zwar hatte der Bieter seine Eingaben gegenüber der Vergabestelle nicht ausdrücklich als „Rügen“ bezeichnet und seine Darstellung jeweils mit der Frage “Wie stellt sich [die AG] im Wettbewerbsverfahren verantwortlich zu dieser Problematik?” beendet. Die Vergabekammer qualifizierte diese Eingaben aber jeweils als Rügen. Sie begründete dies wie folgt:

Die Frage, ob eine Eingabe eine Rüge i.S.d. § 160 Abs. 3 GWB darstelle, sei objektiv zu beurteilen und stehe nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten. Unerheblich sei, ob der Bieter die Rüge in Form einer Frage formuliere, sofern sich aus dem Inhalt der Frage ergebe, dass der Antragsteller die Vorgehensweise der Vergabestelle für vergaberechtswidrig hält und Abhilfe begehrt. Anderenfalls ermögliche dies dem Bieter ein „Taktieren“. Der Bieter könne nämlich sonst mit dem Argument, bisher habe er nur Fragen gestellt, aber keine Rüge erhoben, mit einer „echten“ Rüge zuwarten, ob er den Zuschlag erhalte oder nicht. Dies sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.

Der Entscheidung ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit und der Verfahrensbeschleunigung zustimmen. Der Bieter soll sich nicht durch geschickte Formulierung einer Beanstandung der Rechtsfolge des § 160 Abs. 3 GWB entziehen können.  Allerdings bedeutet dies für den Bieter, dass er diesen Aspekt bereits im Rahmen der Entscheidung über eine Bieterfrage berücksichtigen sollte.

Öffentliche Auftraggeber müssen Bieter vor sinnlosem Nachprüfungsverfahren warnen (OLG Koblenz, Beschl. vom 26.8.2020 – Verg 5/20)

Öffentliche Auftraggeber müssen Bieter nach Rüge vollständig über entscheidungserhebliche Umstände informieren und damit Bieter vor sinnlosem Nachprüfungsverfahren warnen – (OLG Koblenz, Beschluss vom 26.8.2020 – Verg 5/20)

Im Fall des OLG Koblenz wehrte sich der Bieter gegen den Ausschluss seines Angebots. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Der Auftraggeber half der Rüge nicht ab. Er teilte dem rügenden Bieter nicht mit, dass das Angebot des erstplatzierten Bieters aus denselben Gründen ausgeschlossen worden war wie sein eigenes zweitplatziertes Angebot. Erst im Nachprüfungsverfahren erfuhr der Bieter, dass sein Angebot auch dann nicht den Zuschlag erhalten würde, wenn der Ausschluss vergaberechtswidrig war. Dann ginge der Zuschlag nämlich an den erstplatzierten Bieter. Damit war der Nachprüfungsantrag für den Antragsteller sinnlos. Er verfolgte den Antrag nicht weiter und beantragte, die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzugeben.

Dem folgte das OLG Koblenz und erlegte die Kosten des Verfahrens dem Auftraggeber auf mit folgender Begründung: Es sei die Pflicht des Auftraggebers, den Bieter vor einem sinnlosen Nachprüfungsverfahren zu bewahren, indem er ihn entsprechend informiere. Ob diese Pflicht aus § 134 GWB bzw. § 19 EU Absatz II 1 VOB/A folge, ließ das OLG Koblenz offen. Jedenfalls folge eine entsprechende Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB. Der Auftraggeber müsse auf eine Rüge hin den Bieter vollständig über alle mit der Rüge zusammenhängen Umstände informieren. Zwischen den Parteien bestehe ein Schuldverhältnis gemäß § 311 Absatz 2 Nr. 1 BGB anlog. Das OLG stellte klar, dass dies auch im EU-Vergaberecht gilt. Auch bei europaweit ausgeschriebenen offenen Verfahren seien beide Seiten zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet. Dies beinhalte die Pflicht, den anderen Teil durch Aufklärung vor eine Selbstschädigung zu bewahren. Dazu gehöre, ihn unaufgefordert über erkennbar entscheidungserhebliche Umstände zu informieren.

Diese Entscheidung ist erfreulich, denn sie schützt den rügenden Bieter vor einem aufwändigen, für ihn sinnlosen Nachprüfungsverfahren. Sie senkt damit das Bieterrisiko bei Nachprüfungsverfahren. Auftraggeber müssen bei der Abwehr von Rügen entsprechend umsichtig sein.