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BGH stärkt Bieterschutz im Nachprüfungsverfahren bei Untätigkeit der Vergabekammer (BGH, Beschl. v. 14.7.2020 – XIII ZB 135/19)

Der BGH stärkt Bieterschutz im Nachprüfungsverfahren bei Überschreitung der Entscheidungsfrist durch die Vergabekammer: Die Vergabekammer hatte versäumt, die zur Entscheidung vorgesehene Fünf-Wochen-Frist gem. § 167 Absatz 1 GWB zu verlängern. Die Rechtsfolge eines solchen Versäumnisses wurde bis zur BGH-Entscheidung uneinheitlich beantwortet. Teilweise wurde vertreten, dass damit der Nachprüfungsantrag automatisch als abgelehnt gilt mit der Folge, dass die Vergabekammer inhaltlich gar nicht mehr über den Nachprüfungsantrag entscheiden kann.

Der BGH folgte dieser Auffassung nicht: Der Nachprüfungsantrag gilt gemäß BGH mit Ablauf der Frist des § 167 Absatz 1 GWB nur dann als abgelehnt, wenn der Antragsteller innerhalb der Notfrist des § 172 Absatz 1 GWB sofortige Beschwerde einlegt.

Der BGH argumentiert mit der Gesetzesbegründung zur wortgleichen Vorgängervorschrift wie folgt:

Der Gesetzgeber wollte dem Antragsteller eines Vergabenachprüfungsverfahrens mit § 171 Abs 2 GWB ein Instrument zur Verfahrensbeschleunigung an die Hand geben und nicht den Rechtsschutz für Bieter beschränken. Auch wäre die Fiktion einer Antragsablehnung ohne entsprechende Belehrung des Antragstellers problematisch, da im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer kein Anwaltszwang herrscht.

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Mit dieser Entscheidung wurde der Rechtsschutz der Bieter gestärkt. Allerdings lenkt der Beschluss die Aufmerksamkeit auf die derzeit vielerorts bestehende Überlastung bzw. Unterbesetzung der Vergabekammern. Hierdurch findet der im Vergabenachprüfungsverfahren geltende Beschleunigungsgrundsatz in der Praxis häufig keine Anwendung. Vielmehr wird die Fünf-Wochen-Frist, in der die Vergabekammer ihre Entscheidung gemäß § 167 Absatz 1 GWB schriftlich treffen und begründen soll, häufig mehrfach verlängert.

Es bleibt zu hoffen, dass die Vergabekammern ausreichend mit Personal ausgestattet werden, damit ein für öffentliche Auftraggeber, interessierte Unternehmen und das Gemeinwesen fataler Entscheidungsstau bei den Vergabekammern vermieden bzw. abgebaut wird.