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Direktvergabe nach freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung

Anette Prasser
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Das OLG Celle hatte im Verfahren 13 Verg 9/21 den Fall einer Direktvergabe nach freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung zu entscheiden. Auftragsgegenstand waren ein Fahrradverleihsystem und Werbeleistungen. Der Auftraggeber stützte die Direktvergabe nach freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung auf den Ausnahmetatbestand nach § 14 IV Nr. 2 b) VgV. Er vertrat die Auffassung, die Leistungen könnten wegen nicht vorhandenen Wettbewerbs aus technischen Gründen nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt werden.

Nach erfolgter Direktvergabe hatte ein am Auftrag interessiertes Unternehmen über Medienberichte von der Vergabe erfahren und sie als unzulässige De-facto-Vergabe gerügt und Nachprüfungantrag gestellt.

Unwirksame De-facto-Vergabe

Mit Erfolg! Das OLG stellte klar: Die freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung verhindert nur dann die Unwirksamkeit einer Direktvergabe, wenn alle Voraussetzungen des § 135 Abs. 3 GWB  vorliegen bzw. diese Auffassung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht zumindest vertretbar ist. Anderenfalls liegt trotz freiwilliger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung eine unwirksame De-facto-Vergabe vor. Dabei trifft den Auftraggeber die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des für ihn positiven Ausnahmetatbestands und den entsprechenden Abwägungsvorgang.

Das OLG Celle sah im entschiedenen Fall § 135 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 GWB als nicht erfüllt an. Gemäß 135 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 GWB muss der öffentliche Auftraggeber der Ansicht sein, dass die Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union zulässig ist. Dabei müsse, so das OLG Celle a.a.O., der Auftraggeber  bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Direktvergabe tatsächlich erfüllt seien, sorgfältig gehandelt haben. Dies könne in der Regel nur dann festgestellt werden, wenn entsprechende nach außen erkennbare Tatsachen vorlägen.

Dies verneinte das OLG Celle im entschiedenen Fall. Es erachtete die entsprechende Auffassung des Auftraggebers als nicht vertretbar. Der Standpunkt sei auch nicht nachvollziehbar begründet worden. Der Auftraggeber sei seiner Pflicht zur Dokumentation gem. § 8 VgV insoweit nicht nachgekommen. Der Auftraggeber müsse eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage durchführen und danach in vertretbarer Weise zu der Ansicht gelangen, dass eine Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung zulässig sei. Dieser Vorgang müsse nachvollziehbar in der Vergabeakte dokumentiert sein, was das OLG im entschiedenen Fall verneinte.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass allein die freiwillige Ex-Ante-Transparenzbekanntmachung das Damoklesschwert der Unwirksamkeit des Vertrags nicht beseitigt. Vielmehr muss die Auffassung des Auftraggebers, dass die Direktvergabe ausnahmsweise zulässig ist, nicht nur sachlich und rechtlich vertretbar, sondern  in der Dokumentation auch nachvollziehbar begründet sein. Öffentliche Auftraggeber müssen also nicht nur sorgfältig prüfen und abwägen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt, der eine Direktvergabe rechtfertigt. Sie müssen den Prüf- und Abwägungsvorgang auch sorgfältig in der Vergabeakte dokumentieren. Bei Bedarf sprechen Sie uns hierzu gerne an.