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Bindungswirkung eines vor Jahrzehnten geschlossenen Erbvertrages

Dr. Markus Jakoby
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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem interessanten aktuellen Beschluss  vom 06.12.2011 – 3 Wx 261/11 zu einer Thematik entschieden, die in der Praxis gar nicht selten vorkommt, nämlich der Frage, ob und ggf. wie sehr alte letztwillige Verfügungen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung anzupassen sind, wenn sich die Verhältnisse, die zur Zeit der Testierung galten, wesentlich geändert haben. Konkret ging es um einen Erbvertrag, den die Erblasserin 49 Jahre vor ihrem Tod mit ihrem bereits lange (44 Jahre) vor ihr verstorbenen Ehemann geschlossen hatte.  Die Erblasserin hat relativ kurz vor ihrem Tod ein Testament verfasst, das in Widerspruch zu früheren erbvertraglichen Verfügungen im Sinne von § 2278 BGB stand. Sie wollte durchaus nachvollziehbar dem Umstand Rechnung tragen, dass einer ihrer Söhne bereits zum Zeitpunkt des Erbvertragsabschlusses wohl damals noch unerkannt geistig behindert war und ihn daher besser stellen. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass es bei einer ergänzende Auslegung eines Erbvertrages, die grundsätzlich bei Vorliegen einer Lücke möglich ist, auf den Willen beider Vertragspartner ankommt und zwar auch dann, wenn nur einer vertragsmäßige Verfügungen getroffen hat. Weiter soll es ausschließlich auf diesen gemeinsamen Willen zum Zeitpunkt der Errichtung des Vertrages ankommen, spätere Willensänderungen sind also nicht maßgeblich. Da in dem Erbvertrag aber in keiner Weise Anhaltspunkte dafür gegeben wurden (Andeutungen), in welche Richtung der Vertrag anzupassen gewesen wäre, wenn die Eheleute seinerzeit die geistige Behinderung eines der Kinder bzw. deren weitere Entwicklung bedacht hätten, sah das Gericht keine Möglichkeit dafür, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der Erblasserin das Recht zuzusprechen, zu Lebzeiten den Erbvertrag hinsichtlich vertragsmäßiger Verfügungen durch einseitiges Testament wirksam zu ändern.

Für die erbrechtliche Gestaltungspraxis belegt diese Entscheidung einmal mehr,  dass bei der Gestaltung gemeinschaftlicher Testamente betreffend wechselbezügliche Verfügungen im Sinne von § 2270 BGB und bei Erbverträgen hinsichtlich vertragsmäßiger Verfügungen gem. § 2278  BGB mit den Beteiligten auch über etwaige Auswirkungen von möglichen Veränderungen der aktuellen Verhältnisse sprechen sollte und darüber nachdenken sollte, ob und wie man im Hinblick darauf Möglichkeiten der künftigen anderweiten Testierung gestalterisch für den Fall schafft, dass sich die Verhältnisse tatsächlich relevant verändern. Hätte man dies vorliegend getan, wäre problemlos eine Gestaltung möglich gewesen, die es der Erblasserin ermöglicht hätte, den Erbvertrag durch späteres Testament anzupassen.