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OLG Koblenz: Zur Festlegung des Eignungsprofils über Mindestanforderungen und der Bindung des Auftraggebers an selbst festgelegte Mindestkriterien

Anette Prasser
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Der aktuelle Beschluss des OLG Koblenz vom 13.06.2012, Az. 1 Verg 2 /12 zu § 7 Abs. 5 VOL/A-EG beschäftigt sich mit der Freiheit des Auftraggebers bei der Festlegung des Eignungsprofils und mit der Bindung des Auftraggebers an selbst festgelegte Kriterien: Der Auftraggeber darf das auftragsbezogene Eignungsprofil über Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit festlegen. Er ist bei der Festlegung der Eignungskriterien weitgehend frei. Jedenfalls nach Angebotsabgabe ist der Auftraggeber an seine Festlegung gebunden. Ein Bieter, der die Mindestanforderungen nicht erfüllt, ist ungeeignet.

Das OLG Koblenz bestätigt in dem Beschluss die Berechtigung des Auftraggebers zur Definition des auftragsbezogenen Eignungsprofils über Mindestanforderungen und seine Freiheit bei der Festlegung des Eignungsprofils. Es führt dazu in seinem Leitsatz u.a. aus: „Die Grenze zur Rechtswidrigkeit ist erst überschritten, wenn eine Forderung unzumutbar ist oder nicht mehr der Befriedigung eines mit Blick auf das konkrete Beschaffungsvorhaben berechtigten Informations- und/oder Prüfungsbedürfnisses dient, sondern ohne jeden sachlichen Grund ausgrenzend und damit wettbewerbsverzerrend wirkt“. Allerdings wollen die Festlegungen des Auftraggebers und deren Formulierung wohl überlegt sein, ist er doch – jedenfalls ab Angebotsabgabe – daran gebunden, auch wenn er nach Angebotsabgabe zugunsten eines einzelnen Bietes auf die Erfüllung seiner eigenen Vorgaben verzichten will. 

So lag der dem Beschluss zugrunde liegende Fall: Der Auftraggeber hatte im Wege eines EU-weiten offenen Verfahrens Abfallentsorgungsleistungen losweise ausgeschrieben. Für das in Rede stehende Los 3 hatte der Auftraggeber hinsichtlich der technischen Leistungsfähigkeit zu den Mindeststandards Folgendes ausgeführt: „Für die Lose 1 bis 3 ist mind. eine Referenz für die behältergestützte Sammlung und Beförderung von Abfällen im kommunalen Auftrag mit mind. 12 Monaten Vertragslaufzeit und für ein Entsorgungsgebiet mit mind. 40 000 Einwohnern vorzulegen.“ Hieran wollte sich der Auftraggeber nicht gebunden fühlen und einem Bieter den Zuschlag erteilen, der zwar diese Mindestkriterien nicht erfüllt, aber den der Auftraggeber im Nachhinein gleichwohl als geeignet betrachtete. Der Bieter hatte nämlich als Referenz die Abfallentsorgung auf einem von der US-Army betriebenen Truppenübungsplatz angegeben. Diese Referenz erfüllte die zitierten engen Vorgaben des Auftraggebers an die technische Eignung nicht, weil es sich bei der US-Army nicht um einen kommunalen Auftraggeber handelt und Soldaten, die sich auf dem Übungsplatz vorübergehend aufhalten, keine Einwohner sind. Der Auftraggeber argumentierte dabei sinngemäß, er hätte bei Kenntnis von der Möglichkeit entsprechender Aufträge solche als Referenzen nicht ausschließen wollen und eine andere Formulierung gewählt, die solche Aufträge eingeschlossen hätte. Weiter führte er aus, er sehe „im Ergebnis“ die vom Bieter angeführten (den Mindestkriterien nicht entsprechenden) Referenzen als „gleichwertig zu der geforderten Mindestanforderung“. Mit dieser Argumentation hatte der Auftraggeber jedoch keinen Erfolg. Das OLG Koblenz verwarf die sofortige Beschwerde des Auftraggebers gegen den Beschluss der Vergabekammer als unbegründet. Es blieb bei der Verpflichtung des Auftraggebers, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Das OLG Koblenz erachtete nämlich die aufgestellten Mindestanforderungen an die Eignung des Bieters als vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Weiter stellte es fest, dass der Auftraggeber an die von ihm eindeutig aufgestellten Mindestkriterien zur Eignung gebunden ist. Durch die eindeutige ausdrückliche Formulierung des Mindestkriteriums zur technischen Leistungsfähigkeit ohne Öffnungsklausel für anderweitige Eignungsnachweise hatte der Auftraggeber seinen recht weiten Beurteilungsspielraum selbst eingeengt.

Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich, dass es sinnvoll sein kann, sich als Öffentlicher Auftraggeber nicht durch sehr enge Vorgaben selbst zu binden, sondern sich seinen bei der Beurteilung der Eignung vorhandenen recht weiten Beurteilungsspielraum durch eine entsprechende Öffnungsklausel zu erhalten.